Sonntag, 16. September 2012

24. Etappe: Tuttlingen – Gosheim


Wegverlauf: Tuttlingen – Nonnenhöhle – Bettelmannskeller – Russberg – Risiberg – Schotterwerk – Klippeneck - Gosheim

Weglänge: 31,5 km


Anfahrt: Mit dem Zug direkt nach Tuttlingen

Rückfahrt: Mit dem Bus nach Aldingen und von dort mit dem Zug nach Stuttgart.

Gelaufen am: 08.09.2011

Ein komisches und berauschendes Gefühl gleichzeitig, den Südrandweg hinter sich zu haben und nun wieder auf dem Nordrandweg zu laufen. Aber großartig. Mir fehlen nur noch 5 Etappen und ich habe die Alb umrundet! Nur noch 5 Etappen? Mist. Dann ist die Tour ja zu Ende! Schon? Und was mache ich danach? Auf mich stürmen eine ganze Menge Gefühle ein. Als ich loslaufe sind diese aber bald vorbei, da die Tour bereits großartig beginnt. Durch die Stadt laufe ich ein Stück auf dem Weg zurück, den ich vom Schild, der das Ende des Südrandwegs markiert, bis zum Bahnhof gelaufen bin. Interessanterweise ist auch dieses Stück mit dem roten Dreieck markiert. An dem Schild angelangt denke ich noch kurz an den tollen Buchladen, in dem ich das letzte Mal gestöbert habe und biege dann links auf die Holzbrücke über die Donau ein. Ich werde den Fluss nun verlassen und laufe wieder nach Norden. Die erste Etappe wieder auf dem Nordrandweg geht fast geradeaus noch Norden, sozusagen nach oben auf der Karte. 

An der nächsten Straße entdecke ich ein viel schöneres Schild aus älteren Tagen. Es ist gemalt und zeigt grob den Verlauf der Albumrundung mit einzelnen Highlights, die nicht nur genannt sind, sondern auch mit einem Wahrzeichen gemalt sind. Eine schöne Orientierung. ich lasse die einzelnen Stationen gedanklich an mir vorbei ziehen als ich mit den Augen den Wegverlauf nachvollziehe.

Kaum aus der Stadt draußen geht es steil bergan. Ich steige 200 Höhenmeter durch den Wald hinauf. Es ist sehr steil, die Natur wuchert üppig und auf dem Gras liegt noch Raureif. Man merkt hier schon, dass sich der Sommer dem Ende neigt. Und dann bin ich endgültig im Wald. ich werde heute hauptsächlich im Wald laufen. Eine weiterer Anstieg und ich bin auf über 900 Höhenmetern! Im äußersten westlichen Teil der Alb erreicht man voralpine Höhen. Das gefällt mir natürlich. Es gibt hier zehn Berge mit etwas über 1000m Höhe. Einige davon werde ich heute erreichen. Nicht alle liegen entlang des Nordrandwegs. Ich habe im Internet gelesen, dass es eine Wanderung gibt, mit der man alle zehn erreichen kann.

Der Wald ist schön. Die Sonne scheint durch die Blätter und macht eine gute Stimmung. Und dann treffe ich den Förster. Er lässt seinen Hund laufen, der stark von Krankheit gezeichnet ist. Man sieht dem Förster seine Trauer an. Er weiß, dass er seinen Hund bald verlieren wird und zeigt mir was für ein toller Hund es ist. Allerdings lässt er seine Trauer auch in blöden Bemerkungen mir gegenüber raus. Ehrlich ich kann nix dafür, dass sein Hund stirbt. Und wenn er ein Ventil für die Gefühle braucht soll er sie woanders suchen. Meine Laune sinkt auf den Nullpunkt. Am Ende des Wegs setze ich mich auf eine Bank an einem Aussichtspunkt und versuche den Ärger wegzudrängen, um mir den Tag nicht versauen zu lassen.

Und weiter geht es immer durch den schönen Wald. Es riecht nach Pilz. Gesehen habe ich allerdings keinen. Man riecht selbst den herbstlichen Einzug im Wald. Auf der Karte lese ich, dass es hier zwei Höhlen gibt. Die Nonnenhöhle liegt nicht direkt am Weg, aber sie ist ausgeschildert! Ich laufe links den Hang hinunter und dann parallel zum Berg weiter unten ein Stück zurück. Und da ist sie: die Nonnenhöhle. Ein Schild erklärt, dass sich hier drei Nonnen vor dem Übergriff von Soldaten versteckt hielten. Die Höhle ist nicht sehr groß, aber für eine Weile hat sie sicher gut als Schutz gedient.

Wieder zurück auf dem Nordrandweg dauert es nicht lange und ich komme zum Bettelmannskeller. Warum die Höhle Keller genannt wird ist schnell klar. Sie liegt regelrecht unter dem Weg. Steil könnte man runter steigen und dann in eine Höhle gelangen, die im Dach ein kleines Loch hat, aber mir ist der Weg zu steil. Ich laufe stattdessen außen herum und gelange an die "Hintertür" der Höhle. Man kann von hier aus nicht rein, weil der Schlitz, der in die Höhle führt nur wenige Zentimeter vom Boden freigibt. Da ich Hunger habe setze ich mich davor und esse mein Baguette. Als ich so vor mich hinkaue und beruhigt feststelle, dass keine Wespe mitessen will sehe ich in der Erde etwas glitzern. Neugierig grabe ich es aus. Es ist eine Münze. Nachdem ich die Erde weggerubbelt habe sehe ich es: es ist eine deutsche Mark! Wie lange die wohl hier liegt? Wir haben schon seit fast zehn Jahren den Euro. Ganz bekomme ich den Dreck nicht ab, stecke die Münze aber wie eine Trophäe in meinen Geldbeutel, wo sie gut ein Jahr bleibt bevor ich sie rausnehme und in ein kleines Kässchen lege. Ich habe einen kleinen Schatz im Keller gefunden.

Die ehemalige Burg Fürstenstein habe ich zwar auf der Karte gesehen aber dann prompt die Abzweigung verpasst und bin einfach auf dem HW1 weiter gelaufen. Ich beschließe nicht mehr zurück zu laufen, weil ich schon einige Ruinen gesehen habe.

In Rußberg laufe ich an üppigen Obstwiesen vorbei. Die Apfelbäume tragen heuer sehr viel. Die Äste sind mit langen Stecken abgestützt, damit sie nicht unter der Last der Früchte brechen. Blumenbeete, ein altes Holzhaus mit einer Außentreppe, die voller prächtiger Blumenkübel ist. Einfach idyllisch. Ein Mann läuft über die Straße und bemerkt, dass ich alles photographiere. Er erzählt mir, dass in diesem Haus einmal sein Vater gewohnt hat und er aber nun im moderneren Haus gegenüber wohnt. Seine Frau sorgt für die vielen Blumen. Und immer wieder kämen Brautleute, um ihr Hochzeitsbild vor dem schönen Haus machen zu lassen.

Am Ortsausgang laufe ich an einem Stall vorbei. die Kühe schauen raus. Vielleicht ein wenig traurig. Ich laufe an ihnen vorbei in Freiheit und sie sind von Gittern eingesperrt. Ich wollt nicht mit ihnen tauschen. Da vergeht einem das Fleischessen. Seitdem ich diese Haltung auf meinen Wanderungen direkt vor Augen gesehen habe, esse ich wieder vermehrt vegetarisch. Da sprechen sie von einem fairen Milchpreis, aber hat schon mal jemand von fairer Viehhaltung gesprochen? Die Tiere müssen den Großteil ihres Lebens in dunklen Ställen verbringen. Wer würde das denn wollen? Und draußen hat es genügend Wiesen, auf die man das Vieh treiben könnte. So habe ich das bei Schelklingen gesehen und würde es mir viel öfters wünschen. Aber da stehen die Kühe auf diesem Betonboden, strecken ihre Hälse durch die metallenen Gitter, kauen ihr Gras und stehen im Dunkeln. Seitdem kaufe ich auch bewusst Milchprodukte von Herstellern, die ihr Vieh auf die Weide treiben. Hofgut nicht mehr. Davon habe ich nun genug gesehen.

Weiter geht es wieder am Trauf entlang wie ich ihn vom Nordrandweg kenne. Es ist wieder ein RANDweg. Einen Rand, den man nur allzu deutlich sehen kann. Immer wieder gibt es Aussichtspunkte auf die große Ebene vor der Alb. Lange kommen keine Erhebungen. Aber am Horizont sieht man den Schwarzwald. Vielleicht auch die Vogesen? Ich kann es nicht beurteilen, bilde es mir aber mal ein.
 
Als ich aus Risiberg raus laufe komm eich an zwei Pferden vorbei, die vor einer Kapelle stehen. Eines sieht sehr krank aus. Man sieht die Knochen und die Schulter sieht aus wie wenn sie heraussteht. Aber es sieht nicht unglücklich aus. Vielleicht war es einmal ein Unfall? wer weiß. Sie reagieren auf meine Zusprache. Ob sie mich wohl verstehen? ich kann leider kein Pferdisch. Wahrscheinlich verstehen uns die Tiere alle durch das viele und lange Zuhören und amüsieren sich königlich über unsere infantile Sprache, wenn wir sie ansprechen!

Und wieder geht es an den Rand. Wieder die tolle Aussicht Richtung Schwarzwald. Und dann komme ich auf eine Lichtung, die in Nebel gehüllt ist. Das Rasthäuschen aus Holz sehe ich erst gar nicht. Weiter hinten aber ist der Nebel schon wieder verschwunden. Und dann kommt Klippeneck. Ich konnte mir bis dato keine Vorstellungen dazu machen, war aber sofort Feuer und Flamme von diesem Plateau. Ein metallenes Kreuz mit reicher Verzeihung steht neben einer Bank im Gegenlicht. Ein Photomotiv wie aus dem Buch. Dahinter der Albabbruch, die Ebene und ganz hinten der Schwarzwald.

Es wird windig. Die Hochebene öffnet sich nach hinten und wird zu einem Segelflugplatz. Eine Windhose weht waagerecht im Wind. Ich laufe auf dem Trampelpfad über einen Teil des Fluggeländes. Ich muss an den Übersberg denken, über den ich im tiefen Schnee vor mehr als einem halben Jahr auf meiner ersten Etappe gelaufen bin. Ich laufe hier schon seit einiger Zeit gleichzeitig auf drei Wegen: dem Nordrandweg, dem MainNeckarweg und dem Alb-Donauweg. Kein Wunder dass sie sich alle diesen Weg ausgesucht haben. Wirklich schön hier. Da ich mir ohnehin schon vorgenommen habe irgendwann den Alb-Donauweg zu laufen weiß ich, dass ich wieder hier her kommen werde. Eine schöne Vorstellung. Ich könnte gerade so weiter laufen, aber irgendwann neigt sich auch der schönste Tag zu Ende. Gosheim liegt unterhalb des HW2, hat aber eine Bushaltestelle, die mich kurz darauf zum Zug bringt.

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